Start unserer etwa 14 km langen Wanderung, größtenteils auf den Spuren Hermann Hesses, wäre eigentlich im Stadtgarten von Calw, seiner Geburtsstadt gewesen. Wir wandern jedoch nicht gerne aus der Stadt in die Natur, sondern viel lieber umgekehrt, von der Natur in die Stadt.
Ausgangspunkt unserer anstehenden Tageswanderung war deshalb Kentheim, ein Teilort der Gemeinde Bad Teinach-Zavelstein. Hier erwartete uns neben einem kostenfreien Parkplatz direkt bei der sehenswerten St.-Candidus-Kirche noch ein zusätzliches Highlight, indem der aus Nordfriesland stammende Meßmer zufällig eintraf und uns dann so nebenbei in seiner Mundart Geschichtliches aus seiner Kirche erzählte, die erstmals 1075 urkundlich erwähnt wurde und somit eine der ältesten Süddeutschlands ist.
Nach der Kurzführung folgte gleich zu Beginn unserer Wanderung, quasi als Mutprobe, ein steiler Aufstieg. In Serpentinen ging`s hoch zu einem gewaltigen Felskoloss aus Buntsandstein: dem Stubenfelsen.
Der Wanderpfad führte durch einen engen Spalt mitten im Fels. Nervenkitzel pur, denn der Sage nach werden alle vom Fels zerquetscht, die zuvor geschwindelt haben. „Traust du dich?“ War dann auch die alles entscheidende Frage. Da wir nur ehrliche Wanderer sind, ging natürlich jeder durch.
Weiter ging’s.
Der Wanderpfad führte durch ein Felsenlabyrinth bis hinauf zum kleinen Dorf Lützenhardt. Auf der Hochfläche angekommen, begrüßten uns eine herrliche Fernsicht und blühende Streuobstwiesen. Die Anwohner empfingen uns mit originellen kleinen Ständen vor ihren Häusern und boten neben selbstgemachten Schnäpsen, kühlen Getränken, Kaffee und Kuchen sogar Anzündholz an.
Wir wandern hinter dem Ort vorbei und erreichen bald wieder den Wald. Im Schatten der Bäume ging’s vorbei am Wanderheim oberhalb von Zavelstein mit einem tollen Panoramablick über das Städtchen mit seiner Burgruine.
Unterhalb des Wanderheims liegen auch die Zavelsteiner Krokuswiesen. Abertausende von Krokussen machen das Städtchen im Frühling zu einem sehr beliebten Ausflugsziel. Früher war Zavelstein übrigens die „kleinste Stadt Deutschlands“. Durch die denkmalgeschützte Ortsmitte mit ihren Fachwerkhäusern erreichten wir die Burg Zavelstein.
Von der prächtigen Stauferburg Zavelstein ist leider nur noch eine Ruine erhalten.
Nach einer kurzen Vesperpause im Burghof ging’s zunächst wieder zurück zum Wanderheim. Danach folgten wir dem wildromantischen Rötelbach.
Das Rötelbachtal ist genau so, wie man sich den Nordschwarzwald vorstellt: unberührte Natur mit dicht bemoosten Steinen und herunterhängenden Flechten.
Bevor der Rötelbach in die Nagold mündet, verließen wir diesen Weg in Richtung nach oben.
Hier kamen wir an einem Wildschweingehege vorbei, wo eine Ausschau nach Frischlingen auf einem eigens deshalb errichteten Steg erfolglos blieb.
Bevor wir auf den letzten Kilometern die Stadt Calw mit der historischen Altstadt erreichten, führte uns der weitere Weg noch am Calwer Schafott, einer der schauerlichsten Stellen im Calwer Wald: Eine Richtstätte im Ruhestand. 1818 fand hier die letzte Hinrichtung aufgrund eines Gerichtsurteiles unter großer Teilnahme der Bevölkerung statt.
Erwin Schneider, 22.05.2023