Trotz der Corona-Pandemie konnten der Schwäbischen Albverein Ortsgruppe Bartholomä und der Arbeitskreis Ortsgeschichte Bartholomä
nahezu 70 interesseierte Wander- und Geschichtsfreunde begrüßen
Andreas Kühnhöfer, Jan Ruben Haller und Carsten Weber führten die Gruppe rund um den Wirtsberg. Als erste Station erläuterte Carsten Weber den Anwesenden die Geschichte des Kriegerdenkmals. Dieses Denkmal kann auf eine fast hundertjährige Geschichte zurückblicken. Die Anfänge reichen in das Frühjahr 1924 zurück. Damals beschloss der Bartholomäer Krieger- und Veteranenverein, als Gedenken für die Opfer des Ersten Weltkriegs, auf dem Wirtsberg ein Ehrenmal zu errichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg muss die Gemeinde Bartholomä insgesamt 109 Gefallende und Vermisste beklagen. Die Tafel mit dem Namen folgte jedoch erst sehr viel später, denn erst 1955 kehrte der letzte Kriegsteilnehmer aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft zurück.
Am höchsten Punkt des Wirtsberges ging Jan Ruben Haller auf die Geschichte des Wirtsberg ein, welcher früher Laubenharter Berg hieß; im Laufe des 19. Jahrhunderts muss hier die Umbenennung erfolgt sein. Es ist möglich, dass dies mit dem damaligen Eigentümer des Wirtsbergs zusammenhing, denn der Wirtsberg gehörte, zusammen mit der Wirtschaft „Zum Schwarzen Adler“, den Freiherren von Woellwarth. Aus dem, dem Volksmund entnommenen „des Wirts Berg“ entstand schließlich der Name „Wirtsberg“. Im Jahre 1969 erwarb die Gemeinde Bartholomä das Areal.
Im weiteren Verlauf der Wanderung erläuterte Andreas Kühnhöfer, die historische Waldnutzung vor Ort auf dem auf dem Wirtsberg und auf dem gesamten Albuch. Bemerkenswert ist die weitgehende Entwaldung des Albuch um das Jahr 1800 herum: große Teile des Rohstoffbedarfs wurden im Wald gewonnen, die benachbarten Eisenverhüttungswerke benötigten große Mengen an Brennholz.
Am konkreten Wald vor Ort konnten Förster Kühnhöfer die bisherige Bewirtschaftung und ihre Bewohner erläutern und den jetzigen Schutz als sog. „Waldrefugium“, also ein Bannwald im kleinen, erläutern.
Oberhalb des Skihanges erläuterte Carsten Weber den interessierten Mitwanderern die Geschichte des Skiclubs Heubach-Bartholomä, dessen Anfänge auf das Jahr 1964 zurückgehen. Bereits 1970 konnte mit der Errichtung der Skihütte am Wirtsberg ein lang ersehnter Wunsch realisiert werden. Bis zum heutigen Tage kümmert sich der Ski-Club Heubach-Bartholomä um die vielen Freunde des Wintersports und führt jährlich diverse Aktionen und Veranstaltungen im Bereich des Wintersports durch. Nach kurzer Wegstrecke erreichte man den Waldrand am unteren Teil des Wirtsbergs in Blickrichtung Wental. Oberhalb des Wanderparkplatzes erläuterte Jan Ruben Haller die Geschichte des legendären Kalkofens, dessen Ursprünge auf die Jahre 1911/1912 zurückgehen und dessen Überreste heute noch zu sehen sind. In diesem Kalkofen wurde mittels chemischen Vorgangs Kalkstein verarbeitet, der u.a. fürs Mauern, Verputzung von Häusern und für den Straßenbau verwendet wurde. Im weiteren Verlauf gab Jan Ruben Haller einen kurzen Abriss über die Gemarkungsgeschichte und die Gemarkungsgrenzveränderungen von 1634. Hierbei mussten nach der verlorenen Schlacht von Nördlingen die Herren von Woellwarth viele Besitztümer an den Kaiser zurückgeben. Aufgrund dessen wurde die allgemeine Schafsweide aufgelöst und in die „Essinger Heide“, die „Lauterburger Heide“ sowie in die Bartholomäer Exklaven „Ziegelhütte“ und „Reutenen“ aufgeteilt.
Der weitere Verlauf führte in den Kolmannswald. Hier erläuterte Andreas Kühnhöfer, die historische Nutzung der Bodenschicht der Buchenwälder als Lieferanten für die Seegrassegge, das sogenannte „Seegras“. Eindrucksvoll konnten vor Ort die Trockenschäden an alten Buchen auf Grund mehrerer Hitzesommer in den vergangen Jahren und des beginnenden Klimawandels besichtigt werden. Während der Wanderung konnte Andreas Kühnhöfer auch über einen Wolfsnachweis auf Bartholomäer Markung vor rund eineinhalb Jahren und über ausgestorbene Vogelarten wie das Auerhuhn berichten.
Am Übergang des Kolmannswald zum Wirtsberg erklärte Jan Ruben Haller die Geschichte des abgegangenen Weilers „Bärenweiler“. Dieser Weiler muss zwischen der ersten Ausbauphase nach der Rodung zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert entstanden und auch wieder verschwunden sein; allein im Namen des Gewannes ist er bis heute erhalten geblieben.
Die knapp 3-stündige Wanderung endete am „Eiskeller“, der am Fuße des Wirtsbergs Ende des 19. Jahrhunderts erbaut wurde und als Kühlhaus des Adlerwirts Verwendung fand. Das Eis zum Kühlen wurde der großen Bartholomäer Gemeindehülbe entnommen, die im Winter immer zugefroren war. Das Eis konnte dann bei der Gemeinde Bartholomä hierfür erworben werden. Oberhalb des Eiskellers war ein landwirtschaftlicher Schuppen als Schutz errichtet worden. Nachdem die Familie Vogel während des Zweiten Weltkrieges in Stuttgart ausgebombt worden war, wurde der „Eiskeller“ an sie verkauft. Sie bauten den landwirtschaftlichen Schuppen zu einer Wohnung um. Heute noch ist der Eiskeller auch als „Vogelhaus“ bekannt. Später diente es der Familie Baur und ihrer Spedition als Wohnhaus mit Werkstatt und Lager. Nach dem Umzug der Firma in den „Gumpen“ (Böhmenkircher Str.) diente es noch als Obstlager. Heute ist es privat bewohnt.
Carsten Weber, Jan Ruben Haller und Andreas Kühnhöfer, geschrieben am 12.10.2020